Rittergut Cunnersdorf bei Camenz
In
der
Veröffentlichung „Album der
Rittergüter und Schlösser im Königreiche
Sachsen, Markgrafenthum Oberlausitz“,
Leipzig ab 1856, steht unter der oben abgebildeten Tonlithografie (im Familienbesitz) auf den Seiten 183 und 184 folgender Text:
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Stunden gen N.W. von Camenz entfernt gelegen, an der hier sich spaltenden
Straße nach Ruland und Ortrand, mit Brauna, Liebenau, Bernbruch, Biehla, Haudsorf,
Bulleritz, Schönbach und Rohrbach rainend, ist wohl zu unterscheiden von dem 1
Stunde von Löbau entfernt gelegenen Nieder-Cunnersdorf, welches mit
Ober-Cunnersdorf und Neu-Cunnersdorf domstiftliche Besitzung von Bautzen ist.
Überhaupt
kommt der Name Cunnersdorf in unserem Sachsenlande häufig vor, dass man oft
sehr leicht ohne nähere Bezeichnung der benachbarten Stadt irre geleitet werden
kann, weshalb wir nicht unterlassen haben unser Cunnersdorf, Cunnersdorf bei
Camenz zu nennen.
Über den
Namen selbst dessen Bedeutung und Ursprung hat man früher viele Ausleger gefunden,
und jetzt noch sind die Meinungen darüber geteilt. Einige
wollen den Namen vom sorbischen Krieza (die Kiefer) oder auch von der Göttin
Kuna (Krina) abgeleitet wissen. Je nach der Lage des Ortes und der Entstehung
desselben könnten diese Auslegungen nicht ganz falsch sein und sich gewissermassen
rechtfertigen lassen; in den meisten Fällen dürften sie aber nicht anwendbar
sein. Vielmehr ist wohl die Benennung des Ortes von Cunisdorf, d. h.
Conradsdorf abzuleiten. Unser
Cunnersdorf hat davon ganz gewiss seinen Namen, da ein Conrad von Kamenz der
Begründer des Ortes gewesen ist, welcher als Rittersitz mit unter die
Burggrafen von Camenz gestellt wurde.
Die Herren
von Kamenz behaupteten Cunnersdorf bis ins 15. Jahrhundert. Zu dieser Zeit
entäusserten sie sich der meisten Ihrer hiesigen Besitzungen und Cunnersdorf
kam 1504 an W. G. W. von Rechenberg, welcher es noch 1580 besass. Von 1604 bis
1620 finden wir Hans Joseph von Rechenberg im Besitz, von welchem es der
Stadtrath zu Camenz acquirirte. Letzterer musste es nothgedrungen an Wolf Hans
von Schleinitz verkaufen, der es nur bis 1669 besass und es Johann Georg von
Schleinitz hinterliess: Dann übernahm es 1683 Wolf Haubold von Schleinitz,
welcher 1696 das Mannlehngut in Allodium verwandeln liess.
Nach seinem
Tode kam es 1704 in die Hände seiner
Tochter, der verehel. Obrist-Lieutenant von Luttitz, geb. von Schleinitz, von
welcher es 1739 deren Schwester Frau Susanna Salome, verwittwete Obrist von Wangenheim
, geb. von Schleinitz, erbte. Dann war der Frau Obrist von Wangenheim leibliche
Tochter die Baronin Caroline Wilhelmine von Friesen Besitzerin von Cunnersdorf,
die es wieder ihrer Tochter, der verehel. Gräfin Charlotte Marianne Auguste,
Gräfin von Solms Saathayn, schenkte. Letzere besass es nur kurze Zeit und verkaufte
es im Jahr 1802 an den Lieutenant Carl von Metzerath, welcher es nur bis 1805
besass, wo es Herr Ehrenfried Lobegott von Lippe erkaufte.
Nach des
Letzteren im Jahr 1841 erfolgten Ableben blieb das Gut ein Jahr im Erbe, worauf
es der älteste Sohn, Carl Eduard von Lippe übernahm, welcher es nur bis 1847
besass. In diesem Jahr kaufte es der Herr Lobegott von Lippe anderer Sohn,
Constantin Robert von Lippe, welcher dasselbe jetzt noch verwaltet und
hoffentlich auch für die Familie von Lippe erhalten wird.
Das jetzige
herrschaftliche Wohngebäude, welches wir in der Abbildung sehen, stammt vom
Jahr 1700. Damals wurde das alte Schloss abgetragen bis auf das untere
Erdgeschoss und letzteres wieder mit einem Dache versehen, das neure Gebäude
steht also auf einem ganz andern Platz als das alte Schloss. Im Jahr 1850 sind
mehrere im Jahr 1644 erbaute Häuser, wie sie nach einem grosen Feuer wieder
hergestellt waren, und zu dem Wirthschaftshof
gehörten, niedergerissen und statt derer ein 130 Ellen langes durchaus
massiv und gewölbtes Gebäude erbaut worden.
Im Jahr 1855
ist ein Theil des ehemaligen Wallgrabens ausgeschüttet, und auf dessen Stelle
eine 80 Ellen lange Scheune mit an die ehemaligen Schlossmauern unter ein Dach
erbaut und so dem ganzen Wirthschaftshofe ein recht freundliches Ansehen
gegeben worden. An das jetzige
herrschaftliche Wohngebäude stösst ein wohl angelegter Garten und ausserhalb
desselben befinden sich schöne Fruchtbaumanlagen.
Zum Gute,
welches überhaupt nicht unbedeutend ist, gehört eine vortreffliche Schäferei,
mehrere Teiche und schöne Obstanlagen und Gärten. Der Boden hiesiger Gegend ist
etwas hügelig und steinig, übrigens mittelsandig. Man erbaut aber in hiesiger
Gegend viel Rübsen und Heidekorn und die Einwohner ernähren sich grösstentheils
vom Acherbau. Im Jahre
1857 ist der jetzige Besitzer auf Adern von Kalksteinen gekommen und derselbe
hegt die Hoffnung noch ein reichliches Lager zu entdecken, welches für die
ganze Gegend von der grössten Wichtigkeit werden dürfte.
Am Sandberg
und rothen Berg entspringt aus 2 Quellen der über Hausdorf und Gross-Grabe dem
Schwarzwasser an der preussischen Grenze zufließende Bach, welcher fälschlich
von einigen Geographen ebenfalls Schwarzwasser genannt worden ist.
Im Orte
Cunnersdorf befinden sich ausser den
Wohnungen der Bauern und Häußler, auch noch eine Wassermühle, ausserdem mehrere
Hirsenstampfen. Das hiesige Schulhaus wird von 60 Kindern besucht, wozu das
wendische Dorf Hausdorf 15 Kinder schickt. Im Ganzen hat
Cunnersdorf 54 bewohnte Gebäude mit 274 Einwohnern, worunter sich 10 Bauern, 4
Halbbauern, 3 Gross- und 6 andere Gärtner, 17 Häusler mit Feld und 6 feldlose
Häusler befinden. Die Wohnungen der Letzteren stehen auf Herrschaftlichem Grund
und Boden.
Die
Einwohner des Ortes gehören zu den 11 deutschen Dörfern, die in die Haupt-Kirche
zu Camenz, ausser den sogenannten 9 wendischen Dörfern, gewiesen sind.
Eigentlich ist aber eine solche Bemerkung nicht mehr richtig, da die Letzteren
zum Theil ganz deutsch sind, die Einwohner von allen auch deutsch verstehen.
Die
Schicksale des Ortes anlangend, so hat es mit Camenz im Hussitenkriege
furchtbar gelitten. Weiber und Kinder wurden gemartert und die übrigen nach
Camenz geflüchteten männlichen Bewohner gingen im Kampfe unter. Bruso von Camenz
und dessen Mutter, welche den Hussitensturm überlebt hatten, verkauften 1432
die Stadt Camenz samt Schloss und übrigen Besitzungen, wodurch die Herrschaft
über das Camenzer Ländchen für das Geschlecht derer zu Camenz aufhörte, und von
nun an im Namen des Königs durch den Königlichen Landvoigt in Buddissin
gehandhabt wurde. Auch durch
Pest und spätere Kriegsdrangsale wurde Cunnersdorf schwer heimgesucht, und im
Jahr 1707 verloren die hiesigen Einwohner ihre ganze Habe bei dem grossen
Brande in Camenz, wohin sie solche der Kriegsunruhen wegen gepflüchtet hatten.
Erst nach
den Napoleon’schen Feldzügen und während der langen schönen Friedensjahre hat
sich auch Cunnersdorf wieder erholt und ist sogar zu Wohlstand gelangt. Denn
die meisten Bewohner des Ortes sind wohlhabend zu nennen und über eigentliche
der Gemeinde zur Last fallende Arme kann man hier nicht klagen.
Cunnersdorf
hatte bis zur Einführung der neuen Gerichtsordnung seine eigene Gerichtsbarkeit
und von den dasigen Gerichtsherrschaften wurde Alles stets gethan, um ihre
Unterthanen nicht in Rechtshändel zu verwickeln und sie von Schaden und
Nachtheil zu bewahren. Namentlich wurde in Sterbe- und Erbfällen jede mögliche
Anstrengung gemacht, den Descendenten die Besitzungen ihrer
Adscendenten zu erhalten. Jetzt gehört Cunnersdorf zum Gerichtsamte Camenz.