Übergabe des Gutachtens zur Oehmichschen Gruft an Herrn Dr. Bayer



Vorbemerkung von Joachim Richter

 

Nach Angaben des Erblehnrichters zu Olbernhau Abraham Oehmichen, im Schreiben an den sächsischen Kurfürsten vom 6. Dezember 1627 ist die Familie Oehmichen seit 1367* im Besitz des späteren Erblehnrichtergutes. Wann genau der erste Erblehnrichter Oehmichen zum Erblehnrichter ernannt wurde, ist nicht bekannt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Kaspar von Berbisdorf, der 1434 in den Besitz der Herrschaft Lauterstein gelangte, bereits kurze Zeit später den ersten Erblehnrichter Oehmichen in diese Funktion berief und die Belehnung durch den sächsischen Herzog Friedrich, den Sanftmütigen, erwirkte.

 

In den ältesten Urkunden sind die ersten drei Erblehnrichter namentlich und mit ihrer Funktion jedoch nicht mit ihrem Vornamen benannt. Erst vom vierten Erblehnrichter Oehmichen erfahren wir den Vornamen, Thomas. Er wurde 1475 in Olbernhau geboren. Über ihn ist folgender Text aus dem Jahr 1525 überliefert:

 

„Auf dieses Gebot (des Richters zu Zöblitz) liess der Richter Thomas Oehmichen zu Olbernhau seinen Leuten spät am Abend ansagen, sie sollten des anderen Tages früh zum Zöblitz bei Ihren Herren, denen von Berbisdorf, sein; er selbst aber ritt eilig nach Zöblitz, wo er die Gemeinde schon in Schwärmen und Zusammenschwören begriffen antraf und das Lesen der 12 Artikel mit anhören musste (Mai 1525).“ Quelle: Die Unruhen im Erzgebirge während des deutschen Bauernkrieges; Akten des königlich Sächsischen Haupt-Staats-Archivs zu Dresden, von Johann Karl Seidemann; in Abhandlungen der historischen Classe der königlich Bayrischen Akademie der Wissenschaften, zehnter Band, München 1867, Seite 201 ff.

 

Die Kinder von Thomas waren Christoph, Bartel und Anna. Christoph (1510 – 1592) wurde als Nachfolger seines Vaters Thomas fünfter Erblehnrichter von Olbernhau und ist als erster Floßmeister der Familie Oehmichen urkundlich erwähnt. Sein Bruder Barthel (ca. 1495 – 1522) war Erblehnrichter von Zöblitz. Die Schwester Anna (ca. 1525 – 1584) heiratete im Jahr 1548 Christoph Heydenreich, Erblehnrichter von Großwaltersdorf. Sie ist die Ahnin des Unterzeichners.

   

 

 von rechts: Dr. Bayer, Fr. Skrypalle-Bergner, J. Richter. Foto: U. Brückner, Stadtinformation Olbernhau / Foto der letzten Gruftöffnung: Fotostudio Hahn in Olbernhau, Herr Hahn

   

Die Grablegungen dieser ersten Oehmichens sind heute nicht mehr genau nachvollziehbar. Wahrscheinlich ist eine Grablegung in dem zunächst hölzernen, dann 1585 bis 1590 errichteten ersten steinernen Kirchbau in Olbernhau. Mehrere Gräber sind dort dokumentiert. Die ersten in der Oehmichschen Familiengruft neben der Kirche Bestatteten sind die Familienmitglieder von Johann Oehmichen (1567 - 1651), Sohn des Abraham Oehmichen und Floßmeister zu Rübenau. Die Bestattungen dieser Familie erfolgten zwischen 1605 und 1651.

 

Letztes Mitglied der Familie Oehmichen, das in der Gruft bestattet wurde, ist 1692 Maria Sophia Öhmigen, geb. Thum, die Ehefrau von Johann Georg Öhmigen, Enkel des Johann Oehmichen. Johann Georg ist Erb- und Gerichtsherr in Olbernhau und Rübenau sowie Oberfloßmeister und Münzinspektor. Er geht 1696 mit dem Rittergut in Konkurs. Neuer Besitzer wird die Familie von Leubnitz. Die letzte Bestattung in der Gruft erfolgte dann im Jahr 1760 mit Johanna Christiana Erdmuthe, Gräfin von Loos, Tochter des Reichsgrafen Johann Adolf von Loos.

 

Nach langer ruhiger Zeit hat die Familiengruft im 20. Jahrhundert massive Zerstörungen erfahren. Sowohl unmittelbar nach Kriegsende als auch durch einen Brand im Jahr 1986 sind erhebliche Schäden entstanden sowie in der Folge bauliche Veränderungen erfolgt. Sie betreffen die unterirdische Gruft wie auch das darüberstehende Gebäude. Die durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen konnten die Schäden nur zum Teil mildern.

 

Das vorliegende Gutachten und die erste Kostenschätzung des Architekturbüros Graupner aus Chemnitz sollen zu einer grundlegenden Sanierung der Familiengruft in absehbarer Zeit beitragen. Dabei wird den Grundsätzen einer möglichst weitgehenden Annäherung an den baugeschichtlichen Ursprung sowie der ästhetischen Einbettung in das stadthistorische Umfeld Rechnung getragen.

  

Heinz Joachim Richter, Cunnersdorf bei Kamenz und Bergheim bei Köln

Oktober 2014

   

* „Lehnhof Dresden/Olbernhau Vol. I. 1564-1709 Blatt 42a und b – Sächs. Landeshauptarchiv Dresden“,  zitiert nach:  Nachlass des Georg Oehmichen, Wuppertal.




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